Folgen extremer Wetterereignisse in Entwicklungsländern am Beispiel der Mongolei

Die extreme Hitze und Trockenheit in Deutschland in diesem Sommer: Sie waren ein sogenanntes extremes Wetterereignis, unter dem viele Menschen körperlich litten und teilweise sogar – man denke an die Dürreschäden in der Landwirtschaft – in ihrer Existenz bedroht wurden. Nicht jeder außergewöhnlich heiße Sommer, nicht jeder Orkan und nicht jede Überschwemmung geht auf den Klimawandel zurück. Starkregen einerseits und Dürren andererseits gab es auch in früheren Jahrzehnten schon. Doch extreme Wetterereignisse und der Klimawandel stehen in direktem Zusammenhang. Klimaprognosen sagen vorher, dass extreme Wettereignisse in Zukunft noch häufiger und mit einer höheren Intensität auftreten. Wohlhabende Länder wie Deutschland können wetterbedingte Schäden vergleichsweise gut verkraften. Ganz anders sieht es jedoch in vielen Entwicklungsländern aus: Sie werden aufgrund ihrer geografischen Lage oftmals ohnehin häufiger von extremen Wettereignissen heimgesucht als entwickelte Länder, gleichzeitig fallen die Schäden größer aus.

Kenntnisse darüber, welche Folgen extreme Wetterereignisse für Menschen in Entwicklungsländern haben, gibt es bisher kaum. Dabei wären sie immens wichtig, um sinnvolle Maßnahmen der Politik sowohl vor Ort als auch in der Entwicklungshilfe planen zu können. Ein Forscherteam des DIW Berlin rund um Kati Krähnert, Leiterin der Forschungsgruppe Nachhaltige Entwicklung am DIW Berlin, hat auf Basis eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projekts in der Mongolei untersucht, wie sich extreme Wettereignisse auswirken - zum einen auf die Viehhaltung und damit auf die Lebensgrundlage vieler Menschen in dem Land, zum anderen auf den Schulbesuch. Das Ergebnis kurz und knapp: Die Lebensgrundlage wird durch extreme Wetterereignisse bedroht, zudem hindern sie viele Kinder am Schulbesuch. Als eine Möglichkeit, die Folgen zu mildern, nehmen die ForscherInnen sogenannte indexbasierte Wetterversicherungen unter die Lupe. Es zeigt sich, dass diese ein wirksames Instrument sind, betroffene Haushalte zu unterstützen - eine konkrete und wichtige Erkenntnis für die Entwicklungshilfe reicher Länder.

Die Zusammenfassungen der drei Studienfinden Sie nachfolgend, jeweils mit Link zum kompletten Bericht. Wenn Sie Fragen haben, melden Sie sich jederzeit gerne, auch die Autorin Kati Krähnert steht für Rückfragen, Zitate und Interviews gerne zur Verfügung. Das gesamte Themenheft inklusive eines Interviews mit Kati Krähnert können Sie hier herunterladen: https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.600294.de/18-40.pdf

Die drei Studien im Einzelnen:

Extreme Wetterereignisse bedrohen die Lebensgrundlage der Viehhalter in der Mongolei
Haushalte in Entwicklungsländern sind zunehmend extremen Wetterereignissen ausgesetzt, die ihren Wohlstand gefährden können. Dieser Bericht untersucht die Folgen des ungewöhnlich kalten und schneereichen Winters von 2009/2010 auf den Viehbestand mongolischer Haushalte. Der Viehbestand macht durchschnittlich mehr als 90 Prozent des gesamten Vermögens der Haushalte aus. Er ist wichtigstes Konsumgut und aufgrund mangelhafter Finanzinfrastruktur auch die wichtigste Möglichkeit, für die Zukunft vorzusorgen. Die ökonometrische Analyse basiert auf drei Wellen einer Haushaltsbefragung, die das DIW Berlin zusammen mit dem Statistikamt der Mongolei zwei bis fünf Jahre nach dem Extremereignisdurchgeführt hat. Der extrem harte Winter hat den Viehbestand von ländlichen Viehhalterhaushalten drastisch reduziert. Viele Betroffene sind in Folge des extremen Winters aus der Viehhaltung ausgeschieden und haben sich in Städten niedergelassen, um sich als Lohnarbeiterinnen und Lohnarbeiter zu verdingen – was wiederum negative Folgen für den Wohlstand dieser Haushalte hatte. Stark betroffene Haushalte, die weiterhin Vieh hielten, verzeichneten auch fünf Jahre nach dem Ereignis ein geringeres Herdenwachstum als weniger stark betroffene Haushalte. Die Ergebnisse zeigen, dass extreme Wetterereignisse langfristig negative Folgen für Haushalte haben und unterstreichen den Bedarf einer gezielten Hilfe der Betroffenen.

Vollständige Studie: https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.600300.de/18-40-2.pdf

Folgen extremer Wetterereignisse hindern viele Kinder in der Mongolei am Schulbesuch
Mit fortschreitendem Klimawandel treten extreme Wetterereignisse immer häufiger auf. Darunter leiden vor allem Menschen in Entwicklungsländern. Dieser Bericht untersucht am Beispiel der Mongolei, wie extrem kalte und schneereiche Winter, die zu einer erhöhten Viehsterblichkeit führen und damit die finanzielle Lebensgrundlage vieler Haushalte bedrohen, den Erwerb von Schulbildung beeinträchtigen. Die Ergebnisse, die auf einer repräsentativen Haushaltsbefragung des DIW Berlin und des Statistikamtes der Mongolei beruhen, zeigen: Personen, die während ihres schulpflichtigen Alters einem Extremwinter ausgesetzt waren und in einem stark betroffenen Distrikt lebten, erreichten die gesetzlich vorgeschriebene Mindestschulzeit von neun Jahren mit einer um 20,1 bis 26,1 Prozentpunkte geringeren Wahrscheinlichkeit als gleichaltrige Kinder in nicht betroffenen Gebieten. Da Bildung wesentlich über das spätere Einkommen einer Person bestimmt, ist davon auszugehen, dass die extremen Wetterereignisse langfristige Folgen für die untersuchten Kinder haben. Die Politik vor Ort sollte daher – bestenfalls unterstützt durch internationale Entwicklungshilfe – Maßnahmen ergreifen, die es Haushalten in Not ermöglichen, ihre Kinder ohne Unterbrechung zur Schule zu schicken.
Vollständige Studie: https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.600304.de/18-40-3.pdf

Indexbasierte Wetterversicherung hilft Haushalten, sich von extremen Wetterereignissen zu erholen
Indexbasierte Wetterversicherungen gelten in der internationalen Klimapolitik als ein vielversprechendes Instrument, um Haushalte bei der Anpassung an den Klimawandel zu unterstützen. Das trifft insbesondere auf Entwicklungsländer zu, in denen Haushalte oft besonders stark unter den Folgen extremer Wetterereignisse leiden. Dieser Bericht evaluiert als einer der ersten die Wirkung einer weltweit beachteten indexbasierten Versicherung, der Index-Based Livestock Insurance (IBLI) in der Mongolei. Die empirische Untersuchung, die auf ökonometrischen Methoden basiert, verwendet Daten aus einer Befragung von fast 1 800 Haushalten. Sie zeigt, dass die Indexversicherung eine deutlich positive Wirkung auf die Haushalte hat: In den ersten drei Jahren nach einem extrem kalten und schneereichen Winter stehen die mongolischen Haushalte mit Versicherungspolice mit Blick auf ihren Viehbestand und damit ihr Vermögen und Einkommen deutlich besser da als nicht versicherte Haushalte. Sie haben eine um bis zu ein Drittel größere Viehherde. Indexversicherungen könnten vielerorts ein geeignetes Instrument sein, um zu verhindern, dass extreme Wetterereignisse in Armut münden.
Vollständige Studie: https://www.diw.de/documents/publikationen/73/diw_01.c.600311.de/18-40-4.pdf

Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung e.V. (DIW Berlin)
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