Zukunftsrat Hamburg: Olympische Spiele können nicht nachhaltig sein

Zukunftsrat Hamburg zum Olympia-Referendum 

Ja oder nein zu Olympia - eine Vertrauensfrage


Hamburg, 27.10.15 (Zukunftsrat) Aus Sicht des Ressourcen-, Klima- und Naturschutzes können Olympische Spiele nicht nachhaltig sein. Hamburg wäre aber in der Lage, die ökologischen und sozialen Schäden und Risiken so gering wie möglich zu halten.

Nach dem derzeitigen Stand der Planung bleiben Zweifel, dass dies auch umgesetzt wird. Die kürzlich zwischen Senat, DOSB, NABU und Zukunftsrat getroffene Vereinbarung soll die Anstrengungen für nachhaltige Spiele sicherstellen für den Fall, dass das Referendum eine Ja-Mehrheit ergibt. Da noch vollkommen offen ist, wie eine Beteiligung der Zivilgesellschaft an den Entscheidungsprozessen tatsächlich sein wird, reicht sie jedoch heute nicht aus, für die Abstimmung ein „Ja“ zu empfehlen. Zudem liegen wichtige Informationen zum gegenwärtigen Zeitpunkt noch nicht vor.

In einem 5-seitigen Positionspapier nennt der Zukunftsrat Hamburg folgende Bedingungen für ein verantwortbares „Ja“ beim Olympia-Referendum im November:
  • Stadt und Bewerbungsgesellschaft müssen ein ehrgeiziges Nachhaltigkeitskonzept erarbeiten, das alle wesentlichen ökologischen und sozialen Anforderungen im Sinne der Nachhaltigkeit erfüllt. Dazu gehören strategische Umweltplanungen, Quantifizierungen von Ressourcenverbräuchen und CO2-Emissionen ebenso wie Analysen der sozialen Verdrängungswirkungen und der Folgen für die regionalen Wettbewerber der internationalen IOC-Marketingpartner. Das bisher veröffentlichte Nachhaltigkeitskonzept lässt eine Umsetzung noch nicht erkennen. Der vorliegende Gaststadt-Vertrag des IOC ist hier widersprüchlich: Einerseits fordert er ein anspruchsvolles Nachhaltigkeitsmanagement, andererseits macht er unverändert und ohne Nachhaltigkeits-Bezug viele detaillierte Vorgaben an Größe und Umfang von Bauten, Dienstleistungen und Unterstützung der IOC-Partner. Die finanzielle Nachhaltigkeit wurde zwar bewertet – nach den Erfahrungen der letzten Jahrzehnte mit anderen Großprojekten bestehen aber große Zweifel an der Machbarkeit valider Kostenabschätzungen. Ohne die verbindliche Zusage des Bundes ist die Finanzierung jedenfalls noch in weiter Ferne. 
  • Das Nachhaltigkeitskonzept muss integraler, verbindlicher Bestandteil aller OlympiaPlanung sein – und zwar nicht als zufälliger Nebeneffekt, sondern als gezielt gesteuertes Thema. Noch sind die Ideen der Behörde für Umwelt und Energie nicht ausreichend ins Bewusstsein und Handeln der anderen Planer und Entscheider gedrungen. Ob die zwischen Bürgermeister, DOSB, NABU, WWF und Zukunftsrat getroffene NachhaltigkeitsVereinbarung dies nun ändert, ist zurzeit nicht abzusehen.  Sie müsste zu einer anderen Kommunikationsstruktur zwischen den beteiligten Gremien führen. 
  • Das Nachhaltigkeitskonzept muss auch gegen Widerstände durchgesetzt werden. Es ist völlig offen, ob und wieweit die rigiden Vorschriften des Gaststadt-Vertrages des IOC für Hamburg noch verhandelbar sind. Seine Transport- und Unterbringungs-Anforderungen sind ebenso wenig nachhaltig wie die bisherigen Schutz-und Förder-Vereinbarungen des IOC mit seinen Internationalen Marketingpartnern. 

  • Alle Olympia-bezogenen Dokumente, Berichte und Korrespondenzen sollten bereits vor dem Referendum veröffentlicht werden, und zwar in einer übersichtlichen und kommentierbaren (Internet-) Form. Die bisherige Plattform unter www.hamburg.de/Spiele-fuer-Hamburg/Hintergrundinformationen erfüllt diese Anforderungen vor allem hinsichtlich einer klaren Strukturierung und Datierung nicht. 

Für den Fall, dass sich die Bewerbungsgrundlagen bis zur Entscheidung wesentlich ändern, ist ein Rücktritt von der Bewerbung zuzusichern. Dazu sind Grenzwerte nicht nur bei den Kosten, sondern auch bei ökologischen (z.B. CO2-Ausstoß) und sozialen (z.B. Mietenanstieg) Parametern aufzustellen. Eine solche Rückzugs-Strategie sieht der Senat bisher nicht vor.

Angesichts der Unsicherheiten und großen Risiken sind für den Zukunftsrat gegenwärtig die Bedingungen für ein Ja zur Olympia-Bewerbung nicht erfüllt. Er anerkennt allerdings die Potenziale von Olympischen und Paralympischen Spiele für die Imagebildung Hamburgs, die Identifikation der Hamburger und Anstöße für eine nachhaltige Stadtentwicklung.